Fahrbericht für Printmedien
Text: Joshua Hildebrand | Bilder: MAV Verlagsgesellschaft mbH / Jan Bürgermeister
Mehr Wettkampf! Plus 19 PS, geschmiedete 20-Zöller, neu abgestimmtes Fahrwerk und modifizierte Sperre ändern einiges am BMW M4 Competition. Was genau, zeigen wir hier. Spritztour.
Es soll ja Leute geben, die mit den Münchnern nichts am Hut haben. „Hässliches Interieur“ oder „altbackenes Design“ hört man in Verbindung mit BMW des Öfteren mal. Okay, freie Meinungsäußerung für jeden! Deshalb lassen wir diesen Punkt mal unkommentiert. In Sachen Fahrspaß aber sind wir weit weniger tolerant. Wir finden: Wer vor allem sportlich unterwegs sein will, kommt an BMW so gut wie nicht vorbei. Schon gar nicht am heckgetriebenen BMW M4 samt Competition-Paket für zusätzliche 7.300 Euro, mit welchem er sogar fahrdynamisch einem wesentlich stärkeren Mercedes-AMG C63S Coupé das Fürchten lehrt. Ohnehin verkörpert kein Modell die Tugenden der Marke so sehr wie die 3er und 4er. Und dann wird die Freude am Fahren mit dem Zusatz „M“ in die Höhe getrieben, nochmals gesteigert mit dem limitierten CS und letztlich mit dem M4 GTS gekrönt. Und genau zwischen CS und GTS siedelt sich der M4 Competition an – für 85.890 Euro handgerührt, für 3.900 Euro mehr auch als Automatik mit M‑Doppelkupplungsgetriebe „Drivelogic“ erhältlich. Insgesamt ein stolzer Preis, aber der Gegenwert stimmt …
Signifikante Leistungssteigerung
Den M4 haben wir übrigens auf einer abgesperrten Straße ans Limit gebracht. Eigentlich aber wäre der eher etwas für die Rennstrecken … Driving Center Baden, Bilster Berg oder so etwas in die Richtung. Das hätte schon was gehabt. Hätte, hätte … Ja, ja. Auf die Schnelle haben wir leider keinen Platz mehr bekommen. Denn eigentlich hatte BMW ein anderes Fahrzeug für uns eingeplant und uns dann recht kurzfristig diese nicht wirklich schlechtere Alternative auf den Hof gestellt. Der neuen Situation angepasst, müssen wir zugeben: Normale Straßen sind viel zu banal für solch einen Hochleistungsathleten. Das liegt nicht nur an seiner dynamischen Statur und der extrem ausgewogenen Balance zwischen Antriebseinheit und Handling-Vermögen, die einfach immer wieder reihenweise Glückshormone ausschütten lässt. Es liegt auch an der Leistungsspritze auf 450 PS, also 19-Zusatz-PS, die rein elektronisch generiert werden. Das klingt im ersten Moment nach dem sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein. Aber im Falle des M4 ändert es vor allem leistungscharakteristisch einiges. Das lässt vermuten, dass nicht nur am Schräubchen für eine höhere Leistung gedreht wurde, sondern auch an Parametern und Kennlinien wie zum Beispiel der Gasannahme. Denn hat man das gewisse Gefühl im Hintern und ausreichend Benzin im Blut, bemerkt man die Änderungen im Vergleich zu einem Standard-M4 sofort. Bei Volkswagen hätten sie vermutlich ein ganz eigenes Modell daraus gestrickt, bei BMW ist das „neue Fahrerlebnis“ einfach eine Sonderausstattung – lustig. Im Drehzahlkeller unter 2.500 U/Min. geht der Reihensechser zwar ordentlich zu Werke, wirkt aber nicht ganz so agil wie das Serienpendant, womit wir eigentlich schon beim einzig negativen Punkt wären. Spätestens ab 3.000 Umdrehungen scheinen die beiden Turbolader Herr ihrer Sinne zu sein und pushen umso vehementer mit Maximal-Drehmoment von 550 Newtonmetern, auch wenn BMW diesen Break-Even-Point bereits mit 2.350 Umdrehungen angibt. Sei es drum, wir verlassen uns auf die Sportanzeigen des grandiosen Infotainment-Systems. Und was unten heraus zwar gefühlt verhaltener wirkt als beim normalen M4, ist oben heraus dafür umso überzeugender. Das ganze Leistungsgefüge präsentiert sich drehzahlfreudiger, und selbst jenseits der fünf- oder sechstausend Touren hört er noch nicht auf, uns mit Vortrieb zu verwöhnen – schön gleichmäßig und bis zu 7.600 Umdrehungen. Das erinnert schon fast ein bisschen an die alten E46-Saugeraggregate. Cool! So lässt es sich auch erklären, dass der Competition der Basis im Spurt auf 100 km/h fast keine Zeit abnimmt, auf Tempo 200 aber schon fast eine halbe Sekunde vorausfährt.
Noch präziseres Handling
Klar muss man eine gewisse Vorliebe für gepflegtes Übersteuern haben. Denn der M4, egal, in welcher Fassung, wackelt nun mal gern mit der Hüfte. Er ist total agil und vereint Sportwagentugenden mit klassischer Coupé-Form. Dazu hatten wir bisher noch kaum einen anderen Wagen unter den Fittichen, der sich präziser quer um die Ecken zirkeln lässt als der BMW M4 oder sein Limousinen-Bruder M3 (Test: TUNING 1/2017). Diese Eigenschaft wird sogar dank des neu abgestimmten Adaptivfahrwerks und des aktiven M-Differenzials noch greifbarer, noch leichter zu dosieren. Kurzum: Der Competition legt an Präzision nochmals eine Schippe drauf. Das ist so spaßig, dass wir uns wirklich daran gewöhnen könnten … und eine Reifen-Flatrate bräuchten. Hmm … Geschäftsidee? Dazu muss man aber auch sagen, dass die Lenkung einen großen Teil zum subjektiven und objektiven Empfinden beiträgt. Denn neben dem normalen Fahrerlebnisschalter der konventionellen BMW-Familie hat auch dieser Vierer wieder die Einstellerweiterungen für Gasannahme, Lenkung und Fahrwerk erhalten. Alle drei Modi lassen sich in drei Stufen so verändern, dass das Fahrverhalten tatsächlich den Vorlieben des Fahrers entspricht. Top sind zum Beispiel die drei einstellbaren Härtegrade des Sportlenkrads. Mit entsprechenden Einstellungen ließe sich der M4 Competition also auch recht gemütlich bewegen – ohne Krawall und so. Trotzdem ändert das nichts daran, dass es sich hierbei um ein Sportcoupé erster Güteklasse handelt und auch im Alltag eher ein straffes Vergnügen ist. Da tun auch die formschön geschmiedeten 20-Zöller samt Niederquerschnittreifen und die M-Carbon-Keramik-Bremse keinen Abbruch. Letztere ist vor allem Highend-Produkt, welches mit seinen goldfarbenen Bremssätteln nicht nur hochwertig aussieht, sondern auch top Verzögerungswerte ohne Fading liefert. Das hat allerdings auch seinen Preis: zusätzliche 7.300 Euro. Wer eher seltener Rennstreckeneinsätze plant, der wird aber auch mit der serienmäßigen Stahl-Compound-Bremse, erkennbar an den blauen Sätteln, zufrieden sein.
Mehr Sein als Schein
Auf den ersten Blick fällt das Competition-Paket nicht groß ins Auge und beschränkt sich viel lieber auf technische Aspekte – und das ist auch gut so. Im Fokus der BMW-Ingenieure stand sowieso schon immer die Freude am Fahren, und verglichen mit Audi, gibt es auch weniger Hightech-Firlefanz in Form von dynamischen Blinkern zum Beispiel. Eben nicht so überkandidelt. Heißt jetzt aber nicht, dass die Münchner nicht auf der Höhe der Zeit sind – sie verpacken es vielleicht nur etwas dezenter oder spartanischer. So wirken die Sportsitze mit „Durchbruch“ in der Rückenlehne nicht ganz so modern wie bei der Konkurrenz und stellen zumindest optisch eher einen Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Langstreckentauglichkeit dar. Trotzdem empfinden wir die Sitzergonomie als gelungen, denn im Vergleich zur Basis-Bestuhlung sitzt man nun tiefer und schmiegt sich straffer ins Cockpit. Und außen? Wer glaubt, dass das Carbon-Dach optional erhältlich ist, der irrt. Denn es ist bei jedem M4 serienmäßig –Halleluja! Erkennbar wird der Competition durch die schwarz glänzenden Details wie die markentypischen Nieren (in der „BMW Individual Hochglanz Shadow Line mit erweiterten Umfängen“ enthalten) oder das schwarze M4-Emblem auf der Heckklappe. Und nicht zu vergessen, natürlich auch an der Competition-Sportabgasanlage mit den vier Endrohrblenden in Schwarz-Chrom. Dahinter steckt allerdings nicht nur ein Optik-Feature, denn der Sportauspuff schenkt dem Drei-Liter-Motor ein bisschen mehr Klangfarbe und Charakter. Die Stimme des M4 Competition ist jetzt etwas voluminöser sowie rauchiger geworden und hat mit der teilweise blechernen Sinfonie der Basis nichts mehr gemein. Und trotzdem: Auch wenn sich der Reihen-Sechszylinder so sahnig anhört, wird ein BMW-Fahrer vermutlich immer damit konfrontiert werden, dass ein Mercedes-AMG oder Audi RS gefühlt lauter und klanggewaltiger zu Werke gehen. Aber völlig „wurscht“. Kein anderes Auto in dieser Klasse (und zu diesem Preis) bietet ein vergleichbares Fahrgefühl, eine derartige Heckagilität und reißt dich insgesamt so mit. Wer diesen Heißsporn zähmen kann, der wird pures Sportfahrerglück erfahren.
„Das Competition-Paket ist jeden Cent wert!“ – 5 von 5 Sternen
Der M4 Competition ist ein Sportcoupé, wie es im Bilderbuche steht. Der bärenstarke Motor gepaart mit der feinfühligen Antriebseinheit fordert den Fahrer zwar, belohnt aber mit perfekt austarierter Agilität und Präzision. Dabei lässt sich der Grenzbereich kinderleicht anpeilen und Slides nun noch feiner ziehen, ohne negativ überrascht zu werden. So und nicht anders muss sich genau ein solches Auto fahren. Jackpot: 5 Sterne!